Pferdelasagne

Ich bin ein wenig verwirrt. Sogar so verwirrt, dass mir Wortspiele wie “Pferdefuß” oder “Mach mir den Hengst” oder ähnlich tiefsinniges, nicht aus der Tastatur tropfen.

Wenn ich auch nur noch einen Satz lese, in dem jemand versichert, dass Pferdefleisch eigentlich nicht schlecht ist und in anderen Kulturen …, dann kündige ich meinen Internetanschluss.

Wenn mir auch nur noch ein Betrag unter die Augen kommt, in dem mir jemand zuzwinkert, weil “wir” ja die Lasagne selber machen, und deshalb …, dann kaufe ich alle Kühlregale leer.

Nein! Der Verbraucher ist nicht selbst schuld! Ich würde sogar sagen, er kann gar nichts dafür.

Wenn ich mich im Supermarkt entscheide, dass heute ein guter Tag für Lasagne ist, dann mache ich mich auf die Suche nach einem Angebot, auf dem “Lasagne” steht. Und wenn ich dann ein Päckchen aus dem Regal nehme und zur Kasse trage, dann schließe ich einen Vertrag ab. Und dieser Vertrag zwischen mir und dem Anbieter verpflichtet uns beide zu einer Leistung, die explizit oder implizit versprochen wird. Meine Leistung besteht darin, eine Euro und neunundachtzig Cent auf dem Ladentisch zu zählen. Der Anbieter verpflichtet sich, mir etwas zu übereignen, das dem Aufdruck auf der Verpackung entspricht, in diesem Falle also “Lasagne”.

Ich, also der Verbraucher, bin nicht aufgefordert, an der Kühltheke das Smartphone zu zücken und zu recherchieren, ob es überhaupt möglich ist, für 1,89€ eine Lasagne herzustellen. Ich kann das gar nicht wissen, und es ist auch völlig egal. Hier ist ein Angebot, bei dem mir für einen vom Hersteller festgelegten Preis eine Ware feilgeboten wird. Ob der Hersteller dabei draufzahlt, kann mir völlig egal sein, weil ich auf seine Preisgestaltung ohnehin keinen Einfluss habe. Hier ist ein Päckchen mit Lasagne, sagt er, du kannst es für 1,89€ haben, oder es liegen lassen. Er sagt damit nicht: Schau her, in diesem Päckchen habe ich alles zusammengewürfelt, was für 1,89€ möglich ist (mehr bist du ja nicht bereit, zu bezahlen, du Depp) – ich nenn es jetzt mal “Lasagne”.

Ich kann also davon ausgehen, dass ich abends mein Päckchen aufmachen, erwärmen und essen kann. Ich kann auch ohne Beschriftung davon ausgehen, dass es sich um ein Nahrungsmittel handelt, dass ich mich beim Verzehr nicht vergifte – und eigentlich auch, dass es nicht verkocht, versalzen oder sonst irgendwie ungenießbar ist. Wenn der Hersteller feststellt, dass sein Preis zu günstig war, also sein Gewinn zu gering ausfällt, kann (und wird) er den Preis anheben. Er kann aber NICHT einfach etwas anderes reinpacken, sei es nun “gleichwertig” oder nicht. Er kann höchstens eine andere Verpackung machen, auf dem er mich darüber informiert, dass ich nicht Lasagne (aus Rindfleisch) kaufe, sondern ein – ebenbürtiges – Produkt aus Pferdefleisch, weil Pferdefleisch in Rumänien gerade (wegen der von der EU geförderten Traktoren) unschlagbar billig ist. Ansonsten ist es: Betrug.

Und ich hoffe, Betrug ist immer noch strafbar. Und Betrogene müssen sich noch nicht rechtfertigen, weil sie so blöde waren, sich betrügen zu lassen.

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Und weil ich ein wenig gezögert habe, den Publish-Button zu drücken, habe ich inzwischen auch einen fundierteren Beitrag gelesen: Der “Pferdefuß” in der Lasagne-Affäre. Ich hätt mir diesen Post also sparen können.